Das Verfassungs- und Bundesrecht verlangt, dass die Eigenmietwerte mindestens 60 % der Marktmiete betragen müssen. Das kantonale Verwaltungsgericht hat mit Entscheid vom 16. September 2020 festgehalten, dass die grosse Menge der unter dem Median von 60 % liegenden Eigenmietwerte dieser übergeordneten Vorgabe widersprechen. Deshalb ist eine zeitnahe Anpassung der Eigenmietwerte zwingend.
Die glp unterstützt die vorliegende Strategie Schätzungswesen und das neue Bewertungsverfahren, welches sich auf statistisch ausgewertete Kauf- und Mietpreise stützt, damit die Rechtskonformität der Eigenmietwertbesteuerung im Kanton Aargau wiederhergestellt wird. Dazu braucht es auch die Schätzung im Fünfjahresturnus, sodass dass tendenzielle Wertveränderungen auf dem Grundstücksmarkt identifiziert und zeitnah berücksichtigt werden. Damit verfügen die Marktmietwerte, welche den Eigenmietwerten zugrunde liegen, sowie die Vermögenssteuerwerte stets über die erforderliche Marktnähe. Auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass die Eigenmietwerte das verfassungsrechtliche Minimum von 60 % der Marktmiete nicht unterschreiten.
Die glp zieht die generelle Festlegung des Eigenmietwerts auf das Minimum von 60 % der Marktmiete einer Härtefallregelung, wie sie einige Kantone kennen, klar vor, damit alle Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer von einer tieferen Untergrenze profitieren können. Auch aus Gründen der Rechtsgleichheit kommt eine Härtefallregelung, welche vor allem Rentnerinnen und Rentnern mit abbezahlten Hypothekarschulden in bescheidenen finanziellen Verhältnissen zugutekommen würde, nicht infrage. Denn die finanzielle Belastung kann für Mieterinnen und Mieter im Rentenalter ebenfalls zunehmen.
«Mit der vorliegenden Strategie Schätzungswesen und dem neuen Bewertungsverfahren verfügt der Kanton Aargau wieder über eine aktuelle und rechtskonforme Eigenmietwert- und Vermögensbesteuerung, welche die verfassungsrechtlichen, gesetzlichen und verwaltungsgerichtlichen Vorgaben erfüllt», hält Grossrat Dominik Gresch fest. «Damit wird dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung getragen.» Ausserdem wird sichergesellt, dass die Bewertung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke aufgrund der aktuell gültigen eidgenössischen Schätzungsanleitung erfolgen kann.
Zugleich wird das Schätzungsverfahren vereinfacht und modernisiert. Das neue, auf einem Marktanpassungsfaktor und empirischen Zinssätzen basierende System ist nicht nur effizienter, sondern auch genauer. Damit werden die Voraussetzungen für ein Massenbewertungsverfahren geschaffen. Die zu erwartende Effizienzsteigerung ermöglicht nach der Entwicklungs- und Umsetzungsphase ab 2027 eine Personalreduktion beim Kantonalen Steueramt. Andererseits führt der Systemwechsel zu einem personellen Mehraufwand bei den Gemeinden, welche neu für Mutationen und Wechsel der Eigennutzungen zuständig sind.
Das neue Bewertungsmodell führt ab dem Steuerjahr 2024 bzw. dem Rechnungsergebnis 2025 zu höheren Einkommens- und Vermögenssteuern. Mit Wertbasis 2021 belaufen sich die geschätzten Mehreinnahmen bei den nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken für den Kanton auf 63 Millionen Franken und für die Gemeinden auf 57,4 Millionen Franken, wobei im ersten Jahr nach der Einführung noch nicht der volle Effekt zu erwarten ist. Im Sommer 2023 ist eine genauere Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen möglich. Bis dahin können im Rahmen der Budgetierung auch allfällige Massnahmen geprüft werden, um einen Teil der Mehreinnahmen zukunftsgerichtet zu investieren. Dabei ist in Anbetracht der bestehenden Unsicherheiten allerdings Vorsicht und Zurückhaltung geboten.